Forschungsagenda …

4 ZMV erlernen

4.1 Welche Lernprozesse laufen im Bereich ZMV ab und welche Rolle spielen dabei SM-Konzepte?

Welches Modell zur Beschreibung der Beziehung zwischen ZMV und SM-Konzepten sich als empirisch begründbar erweist, hat Folgen für mögliche Modelle des Erlernens von ZMV, die dann wieder Folgen für eine ZMV-Didaktik haben – ob spezifisch für die Berufsbildung oder auch allgemeiner gedacht. Passende Modelle von Lernprozessen wären bspw.:

  • Lernmodell für eine Handlungsleitende Beziehung: Zuerst werden die benötigten SM-Konzepte erlernt (auf unterschiedlichen Wegen). Dann lernt man, wie man diese Konzepte im jeweils benötigten Zusammenhang anwendet. Dieses Modell nutzen viele Laien und – zumindest in der Schweiz – auch viele Berufsschullehrpersonen als Grundmodell. Sie erwarten etwa, dass man lernt, was Prozente sind, und dass man anschliessend dieses Wissen in verschiedensten Zusammenhängen anwenden kann (Rabatte beim Einkaufen, Rückzahlung der Mehrwertsteuer, Steigungen im Gelände etc.). Hat man das benötigte SM-Konzept wirklich verstanden, sollten beim Anwenden eigentlich keine Schwierigkeiten auftreten. Und wenn doch, dann sind diese mit etwas Anstrengung und Konzentration zu überwinden.
  • Lernmodell für eine Reflexionsleitende Beziehung: Man macht mit einer bestimmten Aufgabe/Situation unterschiedliche Erfahrungen dazu, auf welchen Wegen sie sich lösen lassen und auf welchen Wegen man scheitert. Mit der Zeit kann man auf genügend Erfahrungen zurückgreifen, so dass man bei dieser Art Aufgabe/Situation kaum noch in Schwierigkeiten kommt. Unter Umständen spielen dabei SM/HM-Konzepte explizit gar keine Rolle (wie vielleicht im Beispiel oben die Kommutativität). Die SM/HM-Konzepte können aber auch helfen, Erfahrungen nützlich zu ordnen („Ja, da spielt Kommutativität wieder eine Rolle“), da Lernen aus Erfahrung nur möglich ist, wenn die Erfahrungen geeignet gruppiert werden. Und sie können helfen, Schlüsse, die aus der Erfahrung kommen, kritisch zu überprüfen (wie bspw. die Frage: „Spielt es für das Gesamtgewicht der Klasse eine Rolle, ob es 13 Mädchen und 8 Jungs sind oder 8 Mädchen und 13 Jungs?“. Reaktion aus Erfahrung: „Natürlich!“. Mögliche Reflexion: „Moment, aber da war doch das mit der Kommutativität – ach nein, das ist hier etwas anderes.“)

Weitere Modelle des Lernens im ZMV würden sich aus weiteren Modellen der Beziehung zwischen ZMV und SM/HM-Konzepten ergeben. Und auch für die hier skizzierten zwei Modelle der Beziehung sind weitere Modelle des Lernens denkbar.

Da FKF von einen Zusammenspiel zwischen ZMV und SM/HM in Form einer Handlungsleitenden Beziehung ausgeht, postuliert es beim Lernen ein komplexes Zusammenspiel von Konzepten und Erfahrungen – wie oben kurz skizziert (vgl. IML2 bzw. Kaiser 2005b).