Mit Situationen arbeiten – eine Kurzanleitung in acht Schritten

Sind die relevanten Berechnungssituationen einmal gesammelt und beschrieben, wird es möglich, den Unterricht konsequent auf diese Situationen auszurichten, indem man Situation um Situation mit den Lernenden durchgeht.

1.    Erst beginnen, wenn Lernende dazu schon Erfahrungen gemacht haben

Mit der Behandlung einer Situation zuwarten, bis möglichst viele der Lernenden mit grosser Sicherheit schon Erfahrungen mit der entsprechenden Situation gemacht haben. Die Erfahrungen lassen sich anreichern, indem man den Lernenden entsprechende Beobachtungsaufträge gibt (vgl. Die Arbeit an den Situationen in den Gang der Ausbildung einbetten).

2.    Erfahrungen schildern lassen – nicht nur „rechnerische“ Aspekte, anderes ist genauso wichtig

Die Situation im schulischen Unterricht lebendig werden lassen, indem man die Lernenden von ihren Erfahrungen erzählen lässt. Ging ein Beobachtungsauftrag voraus, existiert mehr „Material“ für diese Erzählungen. Die „kalkulatorischen“ Aspekte sind dabei wichtig, vieles andere ist aber für ein Verständnis der Situation genauso wichtig.

3.   Mittelschwere Aufgabe stellen und die Lernenden in Gruppen erarbeiten lassen, wie sie diese mit ihrem bereits vorhandenen Wissen angehen würden

Das vorhandene Vorwissen der Lernenden aufgreifen, indem man ihnen ohne weitere Instruktion eine entsprechende Aufgabe (z. B. Rezept umrechnen) stellt. Die Aufgabe sollte nicht so schwer sein, dass die Lernenden keine Chance haben, auch nur annähernd an eine Lösung zu kommen. Sie sollte aber eine echte Aufgabe sein, welche die reale Komplexität der Situation einfängt und die Lernenden herausfordert. Die Aufgabe in Gruppen bearbeiten lassen.

4.    Die Lösungen der Lernenden gemeinsam kritisch besprechen

Die einzelnen Gruppen ihre Lösungen vorstellen lassen und Stärken und Schwächen diskutieren. Wichtig ist dabei, dass nicht nur Schwächen herausgearbeitet werden, sondern auch Stärken, welche in der folgenden modellhaften Lösung aufgenommen werden können.

5.    Werkzeuge einführen, Benutzung an einem realistischen Beispiel modellhaft vormachen

An einer Beispielaufgabe eine Lösung modellhaft vormachen. Dabei nicht eine perfekte Vorstellung bieten, sondern durch lautes Denken erkennen lassen, was man sich alles Schritt für Schritt überlegen muss.

6.    Lernende eigene Beispiele erfinden lassen, bis sie sich sicher fühlen

Für die eigentliche Übungsphase – ausgehend von zwei, drei vorgegebenen Beispielen – die Lernenden eigene Beispiele erfinden lassen. Anhand dieser Beispiele die Lernenden üben lassen (eventuell zuerst im Plenum, dann in Gruppen), bis sie sich sicher fühlen. Zu Beginn brauchen sie dabei Unterstützung (sowohl beim Erfinden der Beispiele wie beim Lösen). Mit der Zeit kann und muss die Unterstützung wegfallen. Gegen Schluss spontan zusätzliche Schwierigkeiten in die Beispiele der Lernenden einbauen.

7.    Zentrale Daten erarbeiten, Spickzettel erarbeiten

Mit den Lernenden zusammen zentrale Grössen zusammentragen, die man einfach kennen muss, um den Arbeitsablauf durch Nachschlagen bzw. Nachrechnen nicht zu behindern (Lehrerinput, Nachschlagen in Fachbüchern). Lernende persönliche Spickzettel schreiben lassen (in einem Format, das sie während der Arbeit auf sich tragen und konsultieren können).

8.    Anwendung im Betrieb diskutieren

Im Plenum gemeinsam diskutieren, wie und wann das Gelernte im Betrieb genutzt werden kann und welche Schwierigkeiten sich dabei ergeben könnten.

Hintergrund

  • Didaktik: Wissensaufbau von den Füssen her: Gründe für die Notwendigkeit eines Aufbaus “von den Füssen” her und Hinweise, wie einer solcher Aufbau erfolgen kann.
  • Ein didaktischer Ablauf in acht Schritten: Die „acht Schritte“ im Detail.
  • Produktives Scheitern: Eine empirische Studie und Details zu einigen der Acht Schritte.
  • Die Lernenden als Quelle von Aufgaben: Beispiele/Aufgaben, welche Lernende aus dem Betrieb in den Unterricht bringen haben gegenüber Lehreraufgaben viele Vorteile.
  • Horizontaler Transfer: Vielen Lernenden sind kontextfreie Abstraktionen, die man in beliebigen Situationen einsetzen könnte, nicht zugänglich. Für sie kann man versuchen mit Hilfe situierter Abstraktionen provisorische Brücken zwischen vertrauten Situationen und neuen Situationen zu schlagen.
  • Handfestes Modellieren: Das Verständnis für Zusammenhänge zwischen verschiedenen Grössen kann man fördern, indem man den Fokus vom Rechnen wegnimmt und die Lernenden die Berechnungssituation modellieren lässt.
  • Lernumgebungen konstruieren: Mit je einer Lernumgebung zu jeder Situation erhält man ein flexibles, minimales Lehrmittel.

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