Berufliche Berechnungssituationen beschreiben

Beim Beschreiben der Situationen ist es nützlich bzw. wichtig, sich an ein paar Vorgaben zu halten.

Situationen als Geschichten

Es lässt sich am besten gemeinsam über die Situationen diskutieren, wenn man sie als kleine Geschichten beschreibt, so wie das Beispiel mit Amir und Beat (vgl. Mitarbeitende im Tiefbau).

Belag bestellen
Amir und Beat sind dabei, den Garagenvorplatz an der
Talstrasse 12 mit einem neuen Belag zu versehen. 
Sie vermessen zusammen grob den trapezförmigen Vorplatz
und berechnen die Fläche. Der Belag soll 7 cm dick werden.
Ein m2 Belag, ein cm dick wiegt 24 kg. Pro m2 werden also
168 kg benötigt. Sie ermitteln die gesamte benötigte Menge
Belag in Tonnen und bestellen diese anschliessend per
Handy beim Werk.

Geschichten haben den Vorteil, dass sie dazu anregen, sich die Situation ganz konkret vorzustellen und darüber nachzudenken, was in solchen Situationen wirklich geschieht – und nicht, was auf Grund irgendwelcher Theorien geschehen sollte. Gute Geschichten weisen folgende Merkmale auf:

  • Konkrete Personen als Handlungsträger: Nur schon indem man nicht einfach davon spricht, „dass die Menge Belag berechnet wird“, sondern eine bestimmte Person, die auch einen Namen hat, die Aufgabe erledigen lässt, beginnt man sich damit auseinanderzusetzen, welche Eigenschaften solche Personen typischerweise haben und was von ihnen typischerweise erwartet wird bzw. erwartet werden kann.
  • Konkrete Aufgaben und Orte: Dasselbe geschieht, wenn man nicht nur abstrakt „für eine bestimmte Fläche“ etwas berechnen lässt, sondern sich eine konkrete Aufgabe vorstellt.
  • Vollständige Handlung: Oft macht die Einbettung der eigentlichen Berechnung in einen vollständigeren Handlungsrahmen sichtbar, dass gewisse Rahmenbedingungen diese Berechnung beeinflussen: Woher kommt im Beispiel die Angabe für die Fläche des Vorplatzes ? Wie genau ist sie bzw. muss sie sein ? Welche Angaben braucht das Werk ?
  • Typische Schwierigkeiten : Die geschilderte Situation sollte die typischen Schwierigkeiten enthalten, die normalerweise auftreten – nicht übertreiben, aber auch nicht untertreiben. Beispielsweise müssen Tiefbauarbeiter kaum je den Belag für 2 km Autobahn bestellen, dafür sind Vorplätze nicht immer schön rechteckig.

Kritisches Nachfragen

Ideal ist, wenn der Workshop von einer Person moderiert wird, die zwar eine Vorstellung von den Aufgaben hat, die sich im Alltag des entsprechenden Berufes stellen, die aber selbst nicht vom Fach ist. Ihr fällt die wichtige Aufgabe zu, die entstehenden Situationen kritisch zu hinterfragen.

  • Kritische Sichtung der Situationen: Bei jeder Situation muss kritisch diskutiert werden, ob sie im typischen Berufsalltag tatsächlich eine Rolle spielt. Situationen, die kaum je auftreten, haben in der Aufstellung nichts verloren. Geht man, wie vorgeschlagen, miteinander einen Arbeitstag oder eine Arbeitswoche durch, ist die Gefahr zwar nicht sehr gross, dass sich solche Situationen einschleichen. Sobald aber Lehrmittel etc. als Quellen herangezogen werden, drängen sich immer wieder Situationen auf, die vielleicht früher einmal von Bedeutung waren, heute aber kaum mehr eine Rolle spielen.
  • Kritische Sichtung der Situationsbeschreibungen: Auch bei den Situationen, die Bestandteil des typischen Berufsalltags sind, gilt es kritisch zu hinterfragen, ob in diesen Situationen tatsächlich so vorgegangen wird, wie beschrieben. Hier ist die Gefahr grösser, dass auch selbstkritische Quellen nicht beschreiben, wie tatsächlich gearbeitet wird, sondern die Darstellung der Situation in typischen Lehrmitteln übernehmen.

Konkrete Kompetenzen

Grundsätzlich bilden die gesammelten Geschichten bereits eine gute Grundlage, um das Fachrechnen „vom Kopf auf die Füsse zu stellen“. Möchte man darüber hinausgehen, bietet sich das Format der Situierten Kompetenzen an. Dabei wird die typische Geschichte um einen Situationskreis und um eine Liste von Ressourcen ergänzt.

  • Situationskreis: Die Geschichte schildert ja nur eine mögliche Situation. Was an dieser Situation typisch ist, muss man sich beim Lesen selbst denken. Hier kann man mit dem Situationskreis zusätzliche Angaben einbauen, indem man zusammenstellt, was all den Situationen gemeinsam ist, für die die typische Situation als Stellvertreter steht.
  • Mögliche Stolpersteine: Eine weitere Möglichkeit, den Situationskreis zu umschreiben, sind Angaben dazu, welche Situationen innerhalb des Situationskreises besondere Schwierigkeiten aufwerfen. Diese Situationen stehen eher am Rande des Kreises der zu beherrschenden Situationen.
  • Erwünschte Genauigkeit: Ein Qualitätsmerkmal professioneller Bewältigung von Berechnungssituationen ist die angepasst Genauigkeit, mit der Resultate ermittelt werden. Was für den angesprochenen Situationskreis gilt, kann hier festgehalten werden.
  • Kenntnisse, Fertigkeiten, Haltungen, externe Ressourcen: Für den Unterricht ist es nützlich, Hinweise darauf zu haben, was jemand vermutlich wissen und können muss, um die mathematischen Herausforderungen dieser Art von Situationen bewältigen zu können. Typischerweise ist es nützlich, wenn man gewisse Dinge kennt (Kenntnisse), gewisse Dinge kann (Fertigkeiten), mit einer gewissen Einstellung ans Werk geht (Haltungen) und gewisse Werkzeuge im Griff hat (externe Ressourcen).

 Hintergrund

Beispiele

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