Haustechnik

Das Projekt

pdf Auslöser war ein kurzer Workshop an einer Berufsfachschule im Rahmen eines Weiterbildungstages. Ich habe dort die Grundideen von „Vom Kopf aus die Füsse“ präsentiert und die Lernumgebungen als mögliche Produkte anhand des Beispiels der Köchinnen und Köche dargestellt. Verschiedenste Berufsgruppen waren anwesend und einige fühlten sich angesprochen.

Konkret wurde es mit den Haustechnikern (Sanitärinstallateure, Heizungsmonteure und Haustechnikpraktiker). Ganz grob und vereinfacht gesagt, geht es dabei um Leute, die in Gebäuden aller Grössen, Röhren zu verschiedensten Zwecken einbauen. Drei Lehrpersonen (eine erfahrener Lehrer und zwei „Anfänger“) trafen sich mit mir zuerst einmal, um sich über ihre Bedürfnisse und ihre Möglichkeiten klar zu werden. Dabei zeigte sich, dass sie am liebsten einmal ein paar wenige Beispiele von Situationen und Lernumgebungen ausarbeiten und im Unterricht ausprobieren wollten.

An dieser Stelle steht das Projekt momentan. Es wurden drei Lernumgebungen ausgearbeitet und unter anderem an einer Tagung zum Thema „Lehrmittel“ Kollegen aus der ganzen Schweiz vorgestellt. Was sich daraus ergibt und wie die Entwicklung weitergehen könnte, ist vorläufig noch offen.

Situationen sammeln

Entsprechend der Zielsetzung gab es keinen Versuch, eine möglichst vollständige Liste von Situationen zu finden. Sollte das Projekt ausgeweitet werden, wäre das noch nachzuholen. In einer kurzen Diskussion einigten sich die die drei Beteiligten recht schnell auf drei Situationen, die ihnen realistisch schienen und bei denen jeder von ihnen Lust hatte, eine davon anzupacken:

  • Abwasserinstallation: Rohre in der richtigen Länge vorbereiten für eine verzweigte Abwasserleitung.
  • Rohrabstand: Rohre in gleichmässigen Abständen nebeneinander anordnen.
  • Heizungsverteiler: Rohre in der richtigen Länge vorbereiten für einen komplexen Aufbau mit Ventilen, Kugelhahnen und Umwälzpumpen.

Wie üblich fragte ich nach, ob denn in den in den gewählten Situationen tatsächlich gerechnet wird. Bei den Situationen Abwasserinstallation und Heizungsverteiler war die Antwort relativ klar und überzeugend. In beiden Fällen geht es darum, Rohre auf eine bestimmte Länge zuzuschneiden, so dass sie perfekt dort hineinpassen, wo sie eingebaut werden sollen. Häufig geschieht dies in der Werkstatt, d.h. die benötigten Längen müssen anhand von Angaben aus Plänen berechnet werden.

Bei der Situation Rohrabstand geht es darum, verschieden dicke Rohre – beispielsweise an der Decke aufgehängt – so nebeneinander zu montieren, dass zwischen den einzelnen Rohren immer ein bestimmter, vorgegebener Leerraum bleibt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bestimmte Rohre nach der Montage noch mit einer Isolation umgeben werden. Will man die Vorgaben perfekt einhalten, gibt es selbstverständlich einiges zu rechnen. Dass die Vorgaben genau eingehalten werden, scheint aber vor allem ästhetische Gründe zu haben und in der Diskussion wurde nicht ganz klar, ob sie auf der Baustelle wirklich immer rechnerisch perfekt ermittelt werden oder ob es nicht vereinfachte Näherungslösungen gibt.

Situationen beschreiben und Lernumgebungen gestalten

Auch hier fand keine separate Beschreibung der Situationen statt, sondern wurde direkt an den Lernumgebungen gearbeitet. In die Entwicklung der Lernumgebungen integriert kam es dann zu Diskussion darüber, wie denn diese Situationen typischerweise im Berufsalltag aussehen, welche Schwierigkeiten sie bieten und welches angemessene Werkzeuge zu ihrer Bewältigung sind.

Im Wesentlichen trafen wir uns drei Mal. Die drei Lehrer erstellten auf jedes Treffen hin eine neue Version ihrer Lernumgebungen und wir diskutierten der Reihe nach jeweils die vorliegenden Entwürfe. Diese Diskussionen waren aus verschiedenen Gründen sehr intensiv und anregend:

  • Die beteiligten Lehrer stammen aus verschiedenen Berufen: Sanitärinstallateure (Abwasserinstallation) und Heizungsmonteure (Heizungsverteiler und Rohrabstand). In diesen Berufen gelten offenbar unterschiedliche Konventionen, wie man die Grösse der vorgefertigten Elemente wie Bogen etc. angibt. Bei der Abwasserinstallation findet man die Angaben in Form von „x-Werten“, beim Heizungsverteiler als „Einbaulängen“. Solche Unterschiede gaben Anlass zum Austausch über die Berufsgrenzen hinaus.
  • Die Beteiligen sind sehr unterschiedlich lange als Lehrer tätig. Der erfahrene Lehrer konnte seine Erfahrungen sehr gut und schnell mit dem didaktischen Ablauf der acht Schritte in Übereinstimmung bringen. Die jüngeren Kollegen hat mehr Mühe damit und bei ihnen klärte sich erst im dritten Treffen wirklich, wie der Einsatz der Lernumgebungen gedacht ist und wie diese folglich gestaltet sein müssen. Der Austausch zwischen einer erfahrenen Lehrperson und jüngeren Kollegen war hier sehr bereichernd.
  • Die drei Beteiligten konnten sich unterschiedlich schnell in die verschiedenen Aspekte einer Lernumgebung hineindenken. Bei allen war der erste Entwurf mehr oder weniger der Versuch, ein ihnen vertrautes Arbeitsblatt auf ein A3-Blatt verteilt graphisch ansprechend zu gestalten. Bei allen drei habe ich versucht, verschiedene, recht ähnliche Anregungen zu geben, wie diese ersten Entwürfe sich weiter entwickeln könnten. Es war interessant zu sehen, wie unterschiedlich sie diese Anregungen eingingen, zu welchen Aspekten sie jeweils in der Lage waren, Hinweise aufzunehmen.

Auf Grund dieser Unterschiede unterschieden sich ihre jeweiligen zweiten Versionen stark danach, in welchen Punkten sie sich einer brauchbaren Endversion näherten. Dies wiederum ermöglichte, dass die drei Kollegen sich beim zweiten und dritten Treffen an verschiedenen Stellen gegenseitig weiterhelfen konnten.

Die Lernumgebungen, die im Laufe dieses Prozesses entstanden sind, halten sich im Wesentlichen an den im Leitfaden vorgeschlagenen Aufbau. Sie sind wie die andern Beispiele bewusst ähnlich aufbaut, wie die Lernumgebungen, die man auch im Zahlenbuch oder im mathbu.ch findet.

  • Abwasserinstallation: Rohre in der richtigen Länge vorbereiten für eine verzweigte Abwasserleitung.
  • Rohrabstand: Rohre in gleichmässigen Abständen nebeneinander anordnen.
  • Heizungsverteiler: Rohre in der richtigen Länge vorbereiten für einen komplexen Aufbau mit Ventilen, Kugelhahnen und Umwälzpumpen.

Erfahrungen aus der Entwicklung der Lernumgebungen

Die Erfahrungen beim Erarbeiten der Lernumgebungen sind aus verschiedenen Gründen interessant:

  • Es zeigt sich, dass es ein gangbarer Weg sein kann, die Beschreibung der Situationen quasi über die Arbeit an den Lernumgebungen zu vollziehen. Voraussetzung ist, dass den Beteiligten ihren ersten Entwürfen nicht zu früh ans Herz wachsen, so dass auch radikale Umbauten möglich bleiben.
  • Geschieht die Entwicklung auf diese Art, dann dürfte es der Normalfall sein, dass erste Entwürfe aus bestehenden Arbeitsblättern herauswachsen. Das ist nicht ungünstig, bedingt aber, dass sich die Beteiligten auf eine intensive Auseinandersetzung einlassen und so Schritt für Schritt vom Arbeitsblatt zur Lernumgebung, vom „Vormachen/Üben“ zu einer Didaktik aus der Situation heraus kommen.
  • Dieser Prozess benötigt Zeit. Das überrascht zwar nicht. Es ist aber wichtig, dass dies allen Beteiligten bewusst ist und nicht voreilig Ziele gesetzt werden.

Erste Umsetzungserfahrungen

Zwei junge Lehrpersonen haben unterdessen erste Erfahrungen mit dem Einsatz der Lernumgebungen und auch mit dem Ablauf in acht Schritten gemacht. Dabei zeigte sich, dass die Lernumgebungen nicht einfach Selbstläufer sind, sondern dass ihr Einsatz gut reflektiert werden muss, dass Lernumgebungen und didaktischer Ablauf zusammen gehören.

Die beiden Lehrpersonen haben einen Bericht über ihre Erfahrungen verfasst. Sie schreiben darin: “Obwohl wir am Anfang etwas Startschwierigkeiten hatten, wie wir die neue Lernumgebung der Klasse mit nachhaltigem Erfolg beibringen könnten, sind wir sehr
glücklich über das jetzige Resultat.” Zusammenfassend halten sie unter anderem fest:

Wie erreichen wir, dass die Lernende das Fachrechnen und deren Umsetzung besser anwenden können?

„Durch die Lernumgebungen, die sehr praxisgerecht entwickelt wurden, können die Lernenden die Praxis mit der Schule besser verbinden. Da die Voraussetzungen für einen praxisgerechten Schulunterricht besser vereint werden können, nimmt die Motivation der Lernenden automatisch zu.“

Nimmt durch die getroffenen Massnahmen der Lernerfolg zu?

„Wir haben deutlich bemerkt, dass bei unseren Lernenden der Lernerfolg zunimmt, sobald wir nicht mehr ‚stur‘ nach Formeln sondern praxisgerecht rechnen. Die Mitverantwortlichkeit der Lernenden steigt praktisch automatisch an, da die Schüler uns Lehrern zeigen wollen, wie das geht resp. wie sie auf dem Bau arbeiten! Ausserdem werden die Lernenden zu Lehrern und erklären es sich gegenseitig.“

Fühlen sich die Lernenden durch die neu erstellten Aufgaben immer noch überfordert?

„Nein, ganz im Gegenteil, untereinander entsteht ein wettkampfmässiges Verhalten! (Wer weiss mehr?)“

Wo liegt Ihre Motivation nun Mathematikaufgaben durchzuführen?

„Aus dem Gespräch mit den Schülern spürt man deutlich, dass so ein Unterricht Spass macht, da die Schüler etwas 1:1 in der Praxis umsetzten können, was sonst bei einem ‚normalen‘ Unterricht fast nicht der Fall sein wird.“

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