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2    Einflüsse auf meine Arbeit

Methodische Heimat

Habermas Ausgangsproblem war das Aufkommen und die Dominanz des Positivismus. Dieser verzichtet im Gegensatz zu älteren Ansätzen auf die Frage nach dem Sinn, dem Wozu von Erkenntnis. „Sie ist für ihn [dem Positivismus] durch die Tatsache der modernen Wissenschaft sinnlos geworden“ (Habermas 1968, S. 88). Sinnvoll ist für den Positivismus nur noch die „methodologische Frage nach den Regeln des Aufbaus und der Überprüfung wissenschaftlicher Theorie“ (Habermas 1968, S.88). Überlegungen wie Kants Untersuchungen sind damit nicht mehr möglich. Kant liess sich zwar auch „einen normativen Begriff von Wissenschaft durch die zeitgenössische Physik vorgeben“, er nutzte diesen dann aber als „Ausgangspunkt einer Untersuchung der Konstitution möglicher Gegenstände kausalanalytischer Erkenntnis“ (Habermas 1968, S. 88). Im Positivismus fallen solche Überlegungen weg.

Das Subjekt der Erkenntnis, d.h. die Frage, wer denn zu Erkenntnissen gelangt und was das allenfalls für Auswirkungen über mögliche Erkenntnisse hat, gerät aus dem Blickfeld. „Eine auf Methodologie eingeebnete Erkenntnistheorie verliert in der gleichen Weise die Konstituierung der Gegenstände möglicher Erfahrungen aus dem Blick wie eine von transzendentaler Reflexion abgespaltete Formalwissenschaft [Mathematik und Logik] die Genesis der Regeln für die Verknüpfung der Symbole; beide ignorieren, Kantisch gesprochen, die synthetische Leistung des erkennenden Subjekts.“ (Habermas 1968, S. 90). Dadurch entfällt jede Selbstreflexion von Wissenschaft, die Habermas wieder ermöglichen möchte.

Dies traf sich gut mit meinem Bedürfnis nach einer konstruktiven Grundeinstellung zum Thema „Wissen schaffen“. Denn was uns im Psychologiestudium in Form des Kritischen Rationalismus dazu angeboten wurde, konnte nicht befriedigen. Dass der Wissenschaft nur noch die Aufgabe überlassen war, Theorien etc. zu widerlegen, war wenig motivierend. Zudem war offensichtlich, dass man logisch gesehen Theorien genauso wenig widerlegen wie beweisen konnte. Die „Wahrheit“ wissenschaftlicher Erkenntnisse ist keine Frage, die sich auf Grund logischer Überlegungen beantworten lässt, sondern nur als pragmatisch als Frage nach der „Brauchbarkeit“. Ich erlebte Habermas Überlegungen in dieser Hinsicht als befreiend, unter anderem auch, da sie es mir erlaubte, mich mit der „synthetischen Leistung des erkennenden Subjekts“ zu beschäftigen (in Kaiser 1980) und so dass Interesse an Lernprozessen andere selbstreflexiv auf meine eigenen Lernprozesse anzuwenden.