Handlungsleitendes und reflexionsleitendes Wissen

Prinzipiell kann der Entwurf zu einer Handlung im situativen oder im deklarativen System entstehen. Und in beiden Fällen kann das jeweils andere System eine Art Überwachungsfunktion übernehmen (Reflektieren und Simulieren).

Das deklarative System kann folglich in zwei Funktionen auftreten: Planen und Reflektieren. Wissen, das sich für die eine Funktion eignet, eignet sich nicht notwendigerweise auch für die andere Funktion.

Handlungsleitendes Wissen: Damit sich mittels deklarativem Wissen ein Plan entwickeln lässt, muss dieses Wissen im Prinzip die Form eines Rezepts haben. Es muss die Frage beantworten können: Was ist an dieser Stelle genau zu tun? Dabei muss die Antwort auf diese Frage relativ detailliert ausfallen, damit sie nützlich ist.

Reflexionsleitendes Wissen: Deklarative Konzepte, die sich eignen, um einen durch das situative System generierten Handlungsentwurf zu reflektieren, müssen die Frage beantworten können: Ist es eine gute Idee, an dieser Stelle das und das zu tun? Dabei muss das Konzept nicht notwendigerweise sehr detailliert oder trennscharf sein. Auch eine grobe Einteilung, anhand der sich zumindest extreme Fälle beurteilen lassen, kann nützlich sein.

Im Vergleich bedeutet das, dass Wissen reflexionsleitend nützlich sein kann, auch wenn es für einen handlungsleitenden Einsatz viel zu vage ist. Sehr viele pädagogische Konzepte dürften in diese Kategorie fallen. Auch das IML selbst gehört in diese Kategorie. Es ist an den wenigsten Stellen so präzise, dass sich daraus ein Schritt-für-Schritt-Plan für das Lehren oder Lernen ableiten lässt. Es enthält aber etliche Aussagen, die sich eignen, um Lehren und Lernen zu reflektieren.

Vorsicht ist geboten, wenn man versucht, ein Konzept, das sich reflexionsleitend bewährt hat, handlungsleitend einzusetzen. Speziell Anfänger, welche mangels Erfahrungen auf eine Planung mittels des deklarativen Systems angewiesen sind, erliegen dieser Versuchung. Beispielsweise eignet sich gerade das Modell von Dreyfus und Dreyfus wunderbar, verschiedene Phänomene auf dem Weg vom Anfänger zum Experten reflektierend einzuordnen. Würde man aber aus dem Modell einen Ausbildungsplan ableiten, der mit der Vermittlung von deklarativem Wissen beginnt und erst nach Erreichen der Stufe Kompetente situative Erfahrungen vorsieht, wäre das wohl eine Überinterpretation des Modells.

Texte als pdf (zum Teil noch in der Begrifflichkeit des IML 1)