pdf Um möglichst keine relevante Berechnungssituation zu übersehen, ist es sinnvoll, bei der Suche systematisch vorzugehen. Dazu benötigt man ein geeignetes Suchraster, das hilft, alle regelmässig wiederkehrenden Situationen aufzuspüren.
Allerdings dürfte es kein allgemeines Raster geben, das für jeden Beruf gleich nützlich ist. Die einzelnen Berufe unterscheiden sich stark hinsichtlich der Anlässe, die ihrem Alltag Struktur geben. Mögliche Anknüpfungspunkte sind etwa:
- Tagesablauf
- Produkte
- Aufträge
- Interaktionen
1 Tagesablauf
Die Krankenpflege ist durch sich täglich wiederholende Tagesabläufe gekennzeichnet. Das beginnt mit Übergaberapporten beim Schichtwechsel; läuft dann über eine morgendlich Runde bei allen Patienten, über das Frühstück etc. bis hin zum nächsten Übergaberapport weiter.
Um hier alle Situationen zu finden, ist es deshalb sinnvoll, einen typischen Tagesablauf systematisch durchzugehen. Wobei „Tagesablauf“ nicht allzu wörtlich zu nehmen ist. Im Fall der Krankenpflege geht es ja um eine kürzere Einheit, um den Ablauf einer einzelnen Schicht. Dabei sind zusätzlich verschiedene Schichten wie Tagschicht und Nachtschicht zu unterscheiden. Und im Fall der Spitex, der spitalexternen Pflege zuhause, ist vermutlich die sinnvolle Analyseeinheit noch kürzer, nämlich der Ablauf eines Besuches bei einem einzelnen Klienten bzw. einer einzelnen Klientin.
Auf der anderen Seite ist es auch denkbar, dass sich bei gewissen Berufen wesentlich längere Einheiten wie Wochen-, Monats- oder gar Jahresabläufe als nützliche Suchstruktur erweisen. In der Landwirtschaft etwa dürfte es nützlich sein vom Jahresablauf auszugehen und dann darin verschachtelt den Tagesablauf zu betrachten.
2 Produkte
In der Arbeit von Köchinnen und Köchen steht das Produkt, das fertige Gericht, im Zentrum. Grob gesagt wird ein Gericht zuerst geplant; dann werden die benötigten Zutaten beschafft und allenfalls gelagert; anschliessend müssen die Zutaten typischerweise zuerst vorbereitet (gewaschen, geschält, kleingeschnitten etc.) werden, bis das Gericht schliesslich zubereitet, angerichtet und serviert werden kann.
Ein mögliche strukturierte Suche könnten in diesem Fall von den verschiedenen Arten von Gerichten ausgehen und jeweils abklären, ob dabei jeweils beim Einkauf, der Lagerung, der Vorbereitung, der Zubereitung oder dem Anrichten Berechnungssituationen auftreten.
Wie bei allen anderen Suchstrukturen ist dabei wichtig, dass die Struktur hilft, möglichst alle Situationen zu finden, aber geleichzeitig nicht den Blick für Situationen verstellt, die von ihr nicht erfasst werden. Im Fall der Zubereitung von Gerichten ist beispielsweise auch denkbar, dass gar nichts geplant wurde, sondern dass sich die Köchin bzw. der Koch im Kühlraum stehend die Frage stellt, was man mit den vorhandenen Vorräten anfangen könnte.
3 Aufträge
Bei den Bodenlegern und auch vielen anderen handwerklichen Berufen steht der jeweils aktuelle Auftrag im Zentrum. Auch hier eignet sich, ähnlich wie bei den Köchinnen und Köchen, ein Prozessablauf als Ordnungsstruktur. Grob geht dieser von der Auftragsbeschaffung über die Vorbereitung und Ausführung bis zur Rechnungsstellung.
Quer zu diesem Ablauf lassen sich, ebenfalls wie in der Küche, verschiedene Produkte unterscheiden: Parkettböden, Teppichböden, Kunststoffböden etc. Die Suche könnte hier also beispielsweise dem Ablauf eines Auftrag folgen – Beschaffung, Vorbereitung, Ausführung, Rechnungstellung – und dann bei jedem Schritt überlegen, ob sich allenfalls je nach Produkt unterschiedliche Berechnungssituationen ergeben oder ob es sich dabei nur um kleine Varianten einer allgemeineren Situation handelt.
Ob man, wie im Denken der Köchinnen und Köche, vom Produkt ausgeht und dann die einzelnen Schritte der Herstellung mit einbezieht, oder ob man wie bei den Bodenlegern vom Auftragsablauf ausgeht und dann überprüft, ob sich für die einzelnen Schritte je nach Produkt Varianten oder Zusatzsituationen ergeben, läuft im Wesentlichen auf dasselbe hinaus. Die Fachpersonen der einzelnen Berufe werden sich aber in der einen oder anderen Logik eher zuhause fühlen.
4 Interaktionen
Eine Pharmaassistentin ist im ständigen Wechsel im Kontakt mit Kunden, mit anderen Mitarbeitenden (u.a. der leitenden Apothekerin) und mit den Produkten (Lagerbewirtschaftung etc.). Ihr Arbeitsalltag zerfällt in viele kleine Interaktionseinheiten und hat keine grosse, übergreifende Struktur wie beispielsweise das Abarbeiten eines Auftrags beim Bodenlegen.
Hier bietet es sich an, jede dieser drei Interaktionssphären separat zu betrachten, welche je unterschiedliche Strukturen aufweisen. Die „Interaktion“ mit den Produkten – im Wesentlichen die Lagerbewirtschaftung – stellt andere Anforderungen als die Interaktion mit den Kunden.
Eine Suchstruktur aufgeschlüsselt nach Interaktionssphären eignet sich vermutlich für alle Berufe, die in engem Kundenkontakt stehen und bei denen die Kunden weitgehend vorgeben, was von Moment zu Moment geschieht. Vor allem dieser zweite Punkt unterscheidet die Struktur des Arbeitsalltages der Pharmaassistentin deutlich von der Tagesstruktur der Pflegenden. Die Pflegende ist zwar auch im ständigen Kundenkontakt. Sie übt aber mehr Kontrolle darüber aus, was ihre „Kunden“ an bestimmten Momenten des Tages tun.
5 Die Ãœberlagerung mehrerer Strukturen
Die Liste der möglichen Ordnungsstrukturen ist vermutlich mit diesen vier Varianten noch nicht abgeschlossen. Es lohnt sich auf jeden Fall im Gespräch mit den jeweiligen Fachleuten abzuklären, wie für sie ihr Arbeitsalltag, ihr Arbeitsjahr etc. strukturiert ist.
In verschieden Anmerkungen wurde schon deutlich, dass oft neben einer Hauptstruktur auch noch eine zweite, überlagerte Struktur beachtet werden muss, um ein vollständiges Bild zu erhalten. Beispielsweise wurde vorgeschlagen, zu einer auftragsbezogene Struktur „quer“ dazu noch eine produktorientierte Struktur zu verwenden. Es ist aber auch denkbar, dass parallel zu einer auftragsbezogenen Struktur noch eine Struktur existiert, die einem Jahresverlauf mit gewissen periodisch erfolgenden Aufräumarbeiten, Revision von Maschinen etc. folgt.