Die Sicht der Schafe

Im Gegensatz zu echten Schafen, die man einfach auf die Weide stellt und dann oft längere Zeit sich selbst überlässt, muss man bei simulierten Schafen alles selbst machen. Hier ein paar Überlegungen, über welche Eigenschaften die simulierten Bewohner der Spielwelt verfügen könnten.

A Zustände

Jedes Schaf muss zu jedem Zeitpunkt rein physisch in einem bestimmten Zustand sein. Möglich wäre z.B.

A.1 Ungerichtet

Einzige Information zu jedem Mitspieler ist das Feld, auf dem er sich gerade befindet.

S1: B7
S4: I8

A.2 Gerichtet

Zu jedem Mitspieler gibt es zwei Informationen: Das Feld auf dem er sich befindet und die Richtung, in die er blickt.

S1: (B7, SO)
S3: (E8, SW)

B Zustandsänderungen

Natürlich bleiben diese Zustände nicht immer gleich, das wäre ja langweilig. Am einfachsten ist es, wenn man in der Spielwelt einen Takt (Welttakt) einführt und so festlegt, wann Zustandsänderungen möglich sind. Davon zu unterscheiden ist der Takt, der durch die Spielregeln vorgeben wird (Spieltakt).

Welttakt: In einem Welttakt kann jeder Mitspieler genau eine Aktion machen (Bewegung, Äusserung) und erhält dann als Wahrnehmungsinput die neue Konstellation (visuell) plus die gemachten Äusserungen.

Spieltakt: Die Regeln diktieren, dass immer entweder der Wolf oder die Schafe an der Reihe sind. Wer nicht an der Reihe ist, darf keinen Schritt machen, hingegen allenfalls sich drehen oder etwas äussern. Der Takt wechselt hier, wenn die Partei, die an der Reihe ist, einen Schritt macht. Ein Spieltakt kann also im Prinzip eine unbestimmte Anzahl von Welttakten dauern.

Zeitliche Einschränkungen: Um die Schafe zu zwingen, ihr Vorgehen etwas zu optimieren, kann die Anzahl Welttakte, die pro Spieltakt erlaubt sind, beschränkt werden. Diese Beschränkung kann mit zunehmender Erfahrung verschärft werden.

C Visuelle Wahrnehmung

Die Schafe sollen etwas sehen, so dass sie wissen, wo der böse Wolf gerade steht. Mögliche Varianten des visuellen Inputs, den die Schafe zu Beginn jedes Welttakts erhalten, wären etwa:

C.1 Rundumblick

Der Blick schweift beginnend mit Norden in alle acht Richtungen unbeschränkt. Gesehen wird ein Objekt (Oa, Ob, ..) oder eine Wand (W, entspricht dem Spielfeldrand) mit Distanzangabe.

Schaf1: (W1, W1, Oa1, Ob3, W6, W1, W1, W1)
Schaf2: (W1, Oa1, W4, W4, W6, W4, Ob1, W1)

Die Beispiele hier wie auch in den folgenden Abschnitten stammen alle aus derselben Spielsituation. Frage: Wo stehen der Wolf und die einzelnen Schafe?

C.2 Gerichteter Blick

Blickfeld auf drei Richtungen beschränkt. Sonst wie oben:

Schaf1 (Blick nach Süden): (Oa3, W6, W1)
Schaf2 (Blick nach SW): (W6, W4, Oa1)

Damit wird eine „Vorwärts-Richtung“ definiert und sinnvollerweise sollten sich die Schafe auch immer nur in eine dieser drei Richtungen bewegen können.

C.3 Rundum kurzsichtig

Beginnend mit Norden alle acht angrenzenden Felder. Objekt oder Wand oder Nichts ohne Distanzangabe.

S1 (-,-,-,-,-,-,-, -)
S3 (W, W, -, -, -, Oa, -, W)

C.4 Gerichtet kurzsichtig

S1 (Blick nach Süden): (-, -, -)
S3 (Blick nach Norden): (W, W, W)

C.5 Blinde Flecken

Objekte, die nicht direkt in einer der acht Hauptrichtungen liegen, werden nicht gesehen. Objekte, die sich hinter einem anderen Objekt verbergen, werden nicht gesehen.

Diese Möglichkeit kann mit allen vier oben skizzierten Varianten kombiniert werden.

C.6 Unscharfe Richtungswahrnehmung

Als Alternative zu den blinden Flecken werden alle Objekte gesehen. Objekte, die nicht direkt in einer der Hauptrichtungen liegen, werden in der Hauptrichtung gesehen, der sie am nächsten liegen. In jeder Richtung wird also eine (evtl. leere) Liste von Objekten gesehen.

D Akustische Wahrnehmung

Auch hören sollen die Schafe etwas. Dies vor allem, damit sie sich unterhalten können. Auch hier ein paar mögliche Varianten:

D. 1 Ungerichtet

Beliebig viele gleichzeitig ankommende beliebig lange Strings als Liste, in der die Reihenfolge keine Bedeutung hat.

S2: („Ich sehe den Wolf“, „Du solltest nach links gehen“, „Wie wär’s mit Plan B?“)

D.2 Gerichtet absolut

Beginnend mit Norden je Richtung maximal ein beliebig langer String. Kommen mehre Äusserungen aus derselben Richtung, wird nur die von der am nächsten stehenden Quelle gehört. Äusserungen, die nicht genau aus einer der acht Hauptrichtungen kommen, werden aus der Hauptrichtung gehört, der sie am nächsten liegen.

S2: („“, „Wie wär’s mit Plan B?“, „Du solltest nach links gehen!“, „“, „“, „“, „Ich sehe den Wolf“, „“)

D. 3 Gerichtet relativ

Beginnend mit der Blickrichtung je Richtung maximal ein beliebig langer String. Kommen mehre Äusserungen aus derselben Richtung, wird nur die von der am nächsten stehenden Quelle gehört. Äusserungen, die nicht genau aus einer der acht Hauptrichtungen kommen, werden aus der Hauptrichtung gehört, der sie am nächsten liegen.

S2: („“, „“, „Ich sehe den Wolf“, „“,““, „Wie wär’s mit Plan B?“, „Du solltest nach links gehen!“, „“)

E Bewegungen

Da das Ziel des Spiel darin liegt, dem Wolf auf den Pelz zu rücken, müssen sich die Schafe bewegen können.

E.1 Acht Richtungen

Beginnend mit Norden je eine Aktion für einen Schritt in die entsprechende Richtung. Ist das Zielfeld besetzt oder eine Wand, funktioniert der Schritt nicht. Dass während des Spiels die weissen Felder nicht betreten werden dürfen, muss aber erst gelernt werden. Sinnvollerweise wird dies mit einem Rundumblick kombiniert.

Aktionen: 1 (=N), 2 (=NO), 3 (=O), 4 (=SO), 5 (=S), 6 (=SW), 7 (=W), 8 (=NW)

E.2 Vier Richtungen

Beginnend mit NO je eine Aktion für einen Schritt in jede erlaubte Richtung. Ist das Zielfeld besetzt oder eine Wand, funktioniert der Schritt nicht. Blick: rundum.

Aktionen: 1 (=NO), 2 (=SO), 3 (=SW), 4 (=NW)

E.3 Drehungen und Vorwärts

Je eine Drehung nach links und rechts um 45°, dazu ein Schritt nach vorwärts. Ist das andere Feld besetzt oder eine Wand, funktioniert der Schritt nicht. Blick: gerichtet.

Aktionen: 1 (= Drehung nach links um 45°), 2 (= Drehung nach rechts um 45°), 3 (=Schritt um ein Feld in aktuelle Blickrichtung)

F Äusserungen

Vermutlich braucht es eine relativ gut ausgebaute Sprache mit mindestens folgenden Elementen:

Aussagen: „Ich sehe den Wolf.“, „Ich bin rechts von dir.“, „Ich stehe vor einer Wand.“

Aufforderungen: „Gehe nach rechts!“, „Alle melden, wenn sie den Wolf sehen!“

Fragen: „Wo bist Du?“, „Was hast Du gemacht?“, „Wie bewegt sich der Wolf?“

Metakommunikation: Aussagen, Aufforderungen und Fragen bezüglich Aussagen, Aufforderungen und Fragen. „Wer fragt ‚Wo bist Du?‘?“, „Wir versuchen ‚Plan B‘ !“, „Ich verstehe nicht, was mit ‚links‘ gemeint ist.“

Sicher braucht es ein Basisvokabular und eine Möglichkeit, neue Begriffe zu definieren. Wie umfangreich das Basisvokabular sein muss, ist schwierig abzuschätzen. Vermutlich ist es am realistischsten, mindestens zwei der Mitspieler als „alte Hasen“ (Schafe!!) auszustatten, die sich bestens verständigen können, und in deren Sprachgemeinschaft dann eine oder zwei Neulinge hinein wachsen. Dabei können neue Begriffe etc. entstehen.

Denkbare Varianten im Sprachgebrauch wären:

F.1 Absolute Benennungen

Mitspielende haben feste Namen und werden immer mit diesen angesprochen. Die Zuordnung zwischen den Namen und den visuell unterscheidbaren Objekten ist von Anfang an allen bekannt. Richtungsbezeichnungen sind absolute Himmelsrichtungen. Positionsangaben sind absolut in der Form „A1“ bis „H8“. Ihre Bedeutung ist auch Neulingen bekannt.

F.2 Relative Benennungen

Es werden Pronomen verwendet, ebenso relative Richtungs- und Ortsangaben. Neulinge müssen zuerst erlernen, wer wie heisst, und welche Bedeutung absolute Richtungs- und Ortsbezeichnungen haben.

G Transfervarianten

Da die Schafe ja nicht nur lernen sollen, sich auf einem bestimmten Brett in einer bestimmten Gruppe mit einem bestimmten Wolf zu vergnügen, sondern fähig sein sollten, auch einmal in einer anderen Konstellation etwas zu bieten, braucht es Ideen, von welcher Konstellation in welche andere ein Transfer versucht werden soll.

G.1 Teamwechsel

Erfahrene Schafe auf zwei oder mehr Teams werden zu einem neuen Team zusammengesetzt.

G.2 Ausbildung

In einem Team erfahrener Schafe wird ein Schaf durch einen Neuling ersetzt.

G.3 Taktikwechsel des Wolfs

Der Wolf wird durch einen anderen Wolf ersetzt, der eine andere Taktik verfolgt.

G.4 Spielfeldwechsel

Dasselbe Spiel wird auf einem kleineren (3*3) oder grösseren (5*5) Feld mit entsprechend kleineren bzw. grösseren Teams gespielt.