Daniel Chazan beschreibt in „Beyond Formulas in Mathematics and Teaching (2000, New York, Teachers College Press) seinen Werdegang als Mathematiklehrer auf der Oberstufe. Zuerst unterrichtete er an Schulen in eher privilegierten Gebieten mit Lernenden, die von einem „bildungsnahen“ Hintergrund kamen. Natürlich versuchte er immer von konkreten Beispielen auszugehen um den Lernenden ein Gefühl dafür zu geben, wozu das brauchbar war, was er als nächstes behandeln wollte.
Später wechselte er dann in eine Schule in einem sogenannt „inneren Vorort“, wo die Lernenden ganz im Gegensatz zu vorher von einem ausgesprochen „bildungsfernen“ Hintergrund stammten. Und funktionierte sein Vorgehen mit den einleitenden Beispielen plötzlich nicht mehr. Irgendwie liessen sich die Lernenden trotz all seinen Bemühungen nicht für den Stoff interessieren.
Eines Tages gab er auf und sagte der Klasse „Ich habe genug davon, Euch zu zeigen, was ich mit Euch tun möchte. Es klappt nicht. Jetzt seit Ihr dran. Gibt es etwas, das Ihr berechnen möchtet.“ Es dauerte eine Zeit, bis sich jemand meldete, dann aber schlug ein Mädchen folgendes von: „In unserer Klasse sind nun schon drei ungewollt schwanger geworden. Wir wäre es, wenn wird das einmal auf die ganze Schule hochrechnen würden?“
In diesem Moment fiel es Daniel Chazan wie Schuppen vor den Augen und er begriff, wie meilenweit sein einleitenden Beispiele von der Erlebnisrealität seiner Schülerinnen und Schüler entfernt waren. Von da an begann er regelmässig mit Fragen und Beispielen zu arbeiten, welche die Lernenden selbst einbrachten – mit gutem Erfolg.