6: Fördern des Sprachverstehens

Typische Situation

Anton bereitet für seine Schüler ein Aufgabenblatt vor. Sie sollen verschiedene Aufgaben bearbeiten, bei denen sie unter anderem Informationen aus einem weiteren Text berücksichtigen müssen. Er passt die Formulierung der Aufgaben sowie die Wahl des Textes dem Niveau des Sprachverstehens in seiner Klasse an. Von den meisten kann er nicht viele mehr als das Niveau A2 des Europäischen Kompetenzrahmens erwarten. Einige liegen etwas darüber. Entsprechend baut er auch eine Aufgabe mit einem etwas höheren Niveau ein. Während die Klasse an den Aufgaben arbeitet, stellt er fest, dass Beat offenbar Schwierigkeiten hat. Das überrascht ihn nicht weiter, denn er hat schon bei früheren Gelegenheiten festgestellt, dass Beat über keine brauchbaren Strategien verfügt, wie er in einem Text nach Information suchen kann. Anton setzt sich zu Beat und hilft ihm, indem er ihm vorgibt, welchen Schritt eines Verfahrens, dass sie schon einmal miteinander besprochen haben, er als nächstes anpacken soll.

Situationskreis

  • Lernende müssen Information aus einem Text entnehmen.
  • Die Sprachkompetenz der Lernenden ist beschränkt.
  • Es gibt merkliche Unterschiede in der Sprachkompetenz zwischen den Lernenden.
  • Trotz sorgfältiger Vorbereitung haben einzelne Lernende Schwierigkeiten.
  • Es kann nicht vorausgesetzt werden, dass vorhandene Lehrmittel dem Niveau der Lernenden angepasst sind.

Qualitätsstandards

 

Externe Ressourcen

  • gemeinsamer europäischer Referenzrahmen
  • Sprachenportfolio
  • Ergebnisse PISA und Massnahmenkatalog

Theoretische Konzepte

  • selbst einsetzbare Fördermöglichkeiten
  • institutionalisierte Fördermassnahmen
  • Typische Schwierigkeiten von Lernenden mit anderer Muttersprache
  • Anspruchsniveau von Lehrmitteln
  • Modell des schemabasierten Textverstehens
  • Zone der proximalen Entwicklung
  • Kognitive Anlehre
  • Kognitive Stile
  • Kreise möglicher Helfer
  • Reziprokes Lehren und Lernen
  • Verarbeitungstiefe

Praktische Fertigkeiten

  • Sprachniveau eines Textes beurteilen
  • Niveaugerechte Texte schreiben
  • Abgestufte Hilfe geben
  • Anleiten zur Strategieänderung
  • Gemeinsam Ziele erarbeiten

Leitende Geschichten

  • Borchert für Textverständnis: An einer Lehrabschlussprüfung im KV werden zum Prüfen des Textverständnis Texte von Hebel und Borchert verwendet.
  • Lasst sich doch lesen (James Herndon (1971) Die Schule überleben. Stuttgart, Klett): Seine Acht- und Neuntklässler „hoffnungslos“ im Lesen. Aus der tiefen Ãœberzeugung heraus, dass Lesen eigentlich etwas einfaches ist, kam er eines Tages zum Schluss, dass an der Art, wie die Schule versucht Lesen zu unterrichten etwas falsch sein muss. Was ihn am meisten störte, war, dass man die Lernenden gar nicht wirklich lesen lässt. Im günstigsten Fall dürfen sie zwei, drei Sätze laut vorlesen. Dann werden sie unterbrochen, allenfalls korrigiert und jemand anders darf/muss nun lesen. Er krempelte das Ganze um und richtete eine Lesestunde ein, in der nicht unterrichtet wurde. Er ermunterte seine Lernenden einfach ein Buch mitzubringen, dass sie gerne lesen würden – und das durften sie dann auch in aller Ruhe lesen. Nach einer gewissen Anlaufzeit brachten auch tatsächlich alle Lesestoff mit. Er selbst setzte sich abwechslungsweise zur einen oder anderen der Lernenden hin, liess manchmal etwas vorlesen, manchmal las auch er eine Passage vor. Und seine Schüler und Schülerinnen lernten so tatsächlich lesen, nach dem Motto: Lesen lernen ist ganz einfach, wenn nur nicht der Lehrer die ganze Zeit im Wege steht.