Die Wirkungskaskade

Kaskade_Berufsbildung

5 Lehrpersonen befragen Lernende zum Gebrauchskontext

Wie können sich Lehrpersonen über die aktuellen Schwierigkeiten ihrer Lernenden im Gebrauchskontext informieren? Die Antworten darauf ist allgemein gefasst recht einfach: Indem die Lehrpersonen die Lernenden danach fragen!

Hier ein paar Anregungen dazu, wie das auf den verschiedenen Ebenen aussehen könnte.

5.1 Die Lernenden müssen den Gebrauchskontext kennen

Egal auf welcher Ebene: Man kann die Lernenden (bzw. Lehrpersonen, bzw. Dozierenden) nicht nach ihren Erfahrungen im Gebrauchskontext fragen, wenn sie noch keine solchen gemacht haben. Will man die Lernenden also wirklich auf den Gebrauchskontext vorbereiten, macht Schule nur Sinn, wenn die Lernenden die Situationen, zu deren Bewältigung man im Schulungskontext etwas beitragen will, schon erlebt haben (Schritt 1 der Acht Schritte).

Ist dies nicht der Fall, d.h. versucht man Lernende auf etwas vorzubereiten, das sie noch gar nicht kennen, riskiert man nicht nur, dass man mit ihnen nicht bearbeitet, was sie wirklich brauchen. Man riskiert darüber hinaus auch, dass sie, wenn sie einmal im Gebrauchskontext sind, sich gar nicht mehr daran erinnern, was im Schulungskontext geschah. Und wenn sie sich doch daran erinnern sollten, riskiert man, dass sie das Gelernte schnell als unbrauchbar zur Seite legen, weil sie an den im Gebrauchskontext unweigerlich auftretenden Schwierigkeiten scheitern.

Ist hingegen die Voraussetzung gegeben, bringen die Lernenden also relevante Erfahrungen mit, ist die Verzahnung mit dem Gebrauchskontext relativ einfach: Man umreist als Lehrperson im Schulungskontext an geeigneter Stelle auf welchen Ausschnitt des  Gebrauchskontexts der aktuelle Unterricht ausgerichtet ist und lässt dann die Lernenden ihre Erfahrungen dazu schildern.

5.2 Schule

Szenario 1: Handlungsleitendes Wissen vermitteln

(vgl. Planung unter Funktionen des deklarativen Wissens)

Möchte man den Lernenden eine Anleitung vermitteln, wie in einer bestimmten Situation vorzugehen ist und kann man dieses Vorgehen modellhaft vormachen, dann eignen sich die Acht Schritte als Unterrichtsszenario. Die Verbindung zum Gebrauchskontext geschieht dort zuerst in den Schritten 2 bis 4 und dann wieder in den Schritten 7 und 8. Prototypisch für Wissen, das sich auf diese Art vermitteln lässt, sind Berechnungsvorgänge wie bspw. das Umrechnen eines Kochrezeptes von 4 auf 15 Personen.

Szenario 2: Reflexionsleitendes Wissen vermitteln

(vgl. Reflexion unter Funktionen des deklarativen Wissens)

Eignet sich das Wissen, welches vermitteln möchte, nicht wirklich zur Planung von Handlungen, dafür aber umso mehr zur Reflexion von Erfahrungen, dann kann man als Szenario den Lernstopp aus dem Schienenmodell nutzen (Kaiser 2002). Prototypisch wäre hier die Behandlung des Vier-Ohren-Modells von Schulz von Thun. Das Vier-Ohren-Modell eignet sich nicht, um ein Gespräch zu planen. Es kann aber sehr gut genutzt werden, um ein Gespräch auszuwerten.

Szenario 3: Kleiner Wissensvorsprung der Lehrperson

Aufgrund der schnellen technologischen Entwicklung geschieht es gerade in der Berufsbildung immer häufiger, dass die Lehrperson gegenüber den Lernenden praktisch keinen Wissensvorsprung mehr hat – oder sogar hinterherhinkt! Möglich sind dann nur noch gemeinsame Entwicklungen, bei denen Lehrpersonen und Lernende ihr Wissen kombinieren. Ich arbeite an einem passenden Szenario.

5.3 Lehrerweiterbildung

Grundsätzlich lassen sich hier dieselben Unterscheidungen treffen wie für die Schule. Und entsprechend sind dieselben drei didaktischen Szenarien relevant. Alle Szenarien treten hier in doppelter Funktion auf: 1) Als Kursformate mit den Lehrpersonen in der Rolle der Lernenden und 2) als Kursinhalte, welche die Lehrpersonen in ihrem Gebrauchskontext – der Schule – umsetzen können.

Da die meisten pädagogischen und didaktischen Theorien und Modelle eher reflexionsleitender denn handlungsleitender Natur sind, dürfte der Lernstopp häufiger als die Acht Schritte das Szenario der Wahl sein. Die Schiene wurde auch explizit als Format der Lehrerweiterbildung entwickelt (Kaiser 2002).

5.4 Dozentenberatung

Auch hier sind dieselben Unterscheidungen wie auf der Ebene Schule anwendbar, ausser dass die Szenarien hier nun sogar in dreifacher Funktion vorkommen können, nämlich zusätzlich noch 3) als Kursinhalte, welche die Dozierenden den Lehrpersonen vermitteln können.

Da die Pyramide von den Lernenden über die Lehrpersonen zu den Dozierenden nach oben immer schlanker wird, gibt es auf dieser Ebene selten eigentliche Kurse, an denen mehrere Dozierende teilnehmen. Dies stellt aber kein Problem dar, denn sowohl die Acht Schritte wie auch der Lernstopp eignen sich auch für ein 1:1 Setting (für die Acht Schritte siehe Stützkurse).

Auf dieser Ebene dürfte es oft vorkommen, dass die Forschenden gegenüber den Dozierenden nur einen kleinen, oft punktuellen Wissensvorsprung haben. Entsprechend kommt hier das dritte Szenario am häufigsten zum Einsatz.

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