Horizontaler Transfer

Ausführlicher (als pdf) am Beispiel „Prozentrechnen“

Es sind verschiedene Wege denkbar, wie Wissen, das in einer Situation erworben wird, in einer anderen wirksam werden kann:

Analogiebildung im situativen System: Im situativen System findet ein solcher Transfer ständig statt. Eine neue Situation erinnert an bereits erlebte Situationen und wird in Analogie zu dem angegangen, was damals in den erinnerten Situationen geschehen ist. Im Umfeld, das durch die bereits vorhandenen Erfahrungen abgedeckt wird, ist dies ein völlig unproblematischer Vorgang.

Vertikaler Transfer: Lernen an der Schule geht oft von folgender Idee aus: Auf Grund von Erfahrungen abstrahieren die Lernenden geeignete deklarative Strukturen und wenden diese dann in neuen Situationen an. Auf Grund der verschiedenen Schwierigkeiten, welche sowohl der Weg „nach oben“ (Abstrahieren) wie auch der Weg „nach unten“ (Anwenden) bieten, ist dies ein steiniger Weg. Für viele Lernende, welche Mühe mit den notwendigen Abstraktionsprozessen haben, ist er nicht gangbar.

Sollen solche Lernende nicht mit jeder neuen Klasse von Situationen, welche sich zu stark von bereits vorhandenen Erfahrungen unterscheidet, neu zu Lernen beginnen, muss ein anderer Weg gefunden werden.

Horizontaler Transfer: Damit das Wissen, welches die vorhandenen Erfahrungen darstellen, in der neuen Situation nutzbar ist, muss eine Ähnlichkeit zwischen den alten Erfahrungen und der neuen Situation erkannt werden. Ist diese für die Lernenden nicht sichtbar, muss dieser Vorgang unterstützt werden. Dies kann geschehen, indem man den Lernenden hilft, alte und neue Situationen mit Hilfe desselben deklarativen Konzepts zu beschreiben. Im Gegensatz zum vertikalen Transfer ist hier aber nicht die Meinung, dass die Lernenden dieses deklarative Konzept kontextunabhängig erwerben und später irgendwo anwenden können. Das deklarative Konzept dient nur als Hilfskonstruktion, als „boundary object“, das hilft, die Ähnlichkeit zwischen genau den zwei zur Diskussion stehenden Situationsklassen zu sehen, und das wieder vergessen werden kann, wenn die Lernenden für die neue Situationsklasse genügend Erfahrungen erworben haben.

Die Graphik lässt sich durch Anklicken vergrössern.

Beim horizontalen Transfer wird also eine Brücke gebaut, die auch wieder abgebrochen werden kann. Als Konsequenz können sich im situativen System der Lernenden zwei Inseln ausbilden (alte Erfahrungen, Erfahrungen mit der neuen Situation), die – wenn überhaupt – nur lose gekoppelt sind. Das ist unproblematisch, wenn das gesamte situative Wissen, welches die Lernenden erwerben müssen, sich in eine kleine Anzahl solcher Inseln einteilen lässt.

Beispiele

In Kursen zur Mathematikdidaktik in der Berufsbildung behandle ich oft das Thema Horizontaler Transfer. Die Teilnehmenden erhalten dann jeweils auch Zeit, für ihren eigenen Unterricht einen Entwurf zu machen. Die folgenden Beispiele sind solche Entwürfe, die ich jeweils noch etwas weiterentwickelt habe. Sie sind ganz unterschiedlich ausgearbeitet.